Freiheitshassendes Österreich?!

 Wie ich im Oberstufenalter war, hab ich mir auf Youtube gerne Videos von einem US-Amerikanischen Kanal angesehen der Religionen aus einer kritischen Perspektive betrachtet (The Atheist Experience) und hab mir dabei nie etwas gedacht. Außerdem habe ich Videos zur amerikanischen Politik gesehen die ich auch als ganz normal empfunden habe. 

Mit der Zeit, wie ich angefangen habe öfters echte Artikel zu lesen, nicht nur YT videos zu schauen xD, ist mir schnell aufgefallen, dass das was die Amerikaner so ohne weiteres von sich geben gar nicht so universell akzeptiert wird wie ich mir das gedacht habe. 

Zum Beispiel kann man in den USA öffentlich jeden Politiker als "korrupt" bezeichnen, wenn man sich das allerdings in Österreich erlaubt, kann man dafür schnell einmal Strafe zahlen. Erst gestern (28.08.21) habe ich wieder einen Artikel gelesen wo es um einen Twitternutzer ging (man könnte ihn als "Rando" bezeichnen da er nur wenige Follower hat..), der einem ÖVP Politiker unterstellt hat korrupt zu sein. Dafür hat er stolze 4000€ Strafe zahlen dürfen. 

Vor allem scheint das Gesetz gegen "Üble Nachrede" sehr oft zum Einsatz zu kommen, wenn sich irgendein Politiker, Unternehmen, Reicher oder irgendeine Organisation ein bisschen beleidigt fühlt. Das Gesetz richtet sich gegen negative "Charakter-" und "Verhaltensvorwürfe", und macht es praktisch illegal Leute/Firmen/Organisationen öffentlich fragwürdiges Verhalten zu unterstellen (unter der Dusche darf ich gottseidank sagen was ich will, es lebe die Freiheit!😜)

Das spektakulärste Beispiel was mir da untergekommen ist, ist ein Artikel indem ein Politiker einem Bürgermeister  unterstellt hat einen Interessenskonflikt zu haben, weil er einer Firma die ihm gehört einen Auftrag erteilt haben soll. Dafür ist der Politiker wegen Übler Nachrede verklagt worden! Stellen wir uns einmal vor es wäre kein Politiker, sondern ein Richter, und dem Richter gehört eine Firma die in einem Rechtsstreit verwickelt ist über den der Richter urteilen soll. Der Richter würde sich von dem Fall zurückziehen, weil ein Interessenskonflikt besteht. Aber wenn man einem Politiker unterstellt dass soetwas ein Interessenkonflikt darstellt, kann man verklagt werden! unglaublich...

Es gibt unzählige Beispiele für Prozesse wegen Übler Nachrede.. wenn man will kann man einfach "Üble Nachrede" googeln (vielleicht mit dem bevorzugten Medienunternehmen dazu) dann findet man viele Artikeln zu diesem Thema. Diese Artikeln zu lesen ist oft extrem deprimierend. Es gibt sogar Politiker die damit angeben, dass sie Kritiker in Facebookkommentaren verklagen weil "das Internet kein Rechtsfreier Raum sein soll". Damit meinen sie: auch im Internet soll man nichts sagen dürfen was die fragilen, Damen und Herren Politiker nicht hören wollen.

Obwohl der Paragraph gegen Üble Nachrede die beste Waffe gegen unerwünschte Kritik zu sein scheint, ist er keinesfalls der einzige. Es gibt auch Gesetze gegen "Beleidigung" §115 StGB, gegen "Kreditschädigung" §152 StGB, "Verleumdung" §297 StGB, "zivilrechtlicher Ehrenschutz" und der berühmte "Blasphemieparagraph" gegen "Herabwürdigung religiöser Lehren" §188 StGB.

Der "zivilrechtliche Ehrenschutz" ermöglicht es den "Opfern" entgangenen Gewinn wegen Ehrenbeleidigung einzuklagen. Was genau "Ehrenbeleidiung" darstellt und wie ermittelt wird wie hoch der entgangene Gewinn ist, und wie er zu entschädigen ist, kann ich mir nicht wirklich vorstellen. Dazu wäre es interessant einen Anwalt bzw. Richter zu fragen (ich habe keine juristische Ausbildung). Aber die Vorstellung das jemand einen rechtlichen Anspruch auf Gewinn haben soll, gefällt mir gar nicht und wird in anderen Zusammenhängen (Handelsabkommen) oft kritisiert.

Es gibt in Österreich außerdem soetwas wie Staatsblasphemiegesetzte. Anhänger rechtsradikaler Gruppen (oft "Staatsverleugner" genannt) werden vom Verfassungsschutz verfolgt weil sie die Existenz des Staates verleugnen. Man kann von diesen Leuten und ihrer Ideologie halten was man will, aber das ihre Meinung zum Staat illegal sein soll ist schon etwas übertrieben. In den USA gibt es solche ähnlichen Leute auch und die können ihre Meinung öffentlich verbreiten und öffentlich frei darüber diskutieren, und es geht der amerikanische Staat deswegen auch nicht unter... ist der österreichische Staat so fragil dass er einen Verleugnungsschutz braucht?! 🙄

Ich habe außerdem gehört, dass man Bundesländer nicht beleidigen darf. ich konnte aber auf die schnelle die Quelle nicht mehr finden wo ich das gelesen habe.. aber wenn das stimmt ist das auch skandalös (vor allem wenn keine Ausnahme für Oberösterreich gemacht wird 😉)

Der Blasphemieparagraph ist auch eine Schande für jeden der etwas von freier Meinungsäußerung hält. Er beschützt Religionen vor der "Herabwürdigung" ihrer "Lehren". Dieses Gesetz war vor ein paar Jahren mal in den Medien, weil die islamische Glaubensgemeinschaft einen Christen verklagt hat, die den Propheten Mohammed beleidigt hat indem sie ihn als "Pädophil" bezeichnete (weil im Koran steht dass er eine Minderjährige geheiratet hat). Dazu habe ich einen interessanten Artikel gefunden im Hollywood Reporter von einem Eriq Gardner, mit der Überschrift (übersetzt) "Europäischer Gerichtshof toleriert Blasphemie nicht als freie Meinungsäußerung". Der Artikel ist interessant weil man merkt wie schockiert der Amerikaner ist, wenn er mit der Rechtslage zur freien Meinungsäußerung in der EU und Österreich konfrontiert wird (normalerweise kümmern sich die Amerikaner um ihre eigenen Probleme und ignorieren uns, was ich für eine recht konstruktive Einstellung halte). Wenn wir in Österreich also ein "Atheist Experience"-Äquivalent hätten, wären die nach der ersten Sendung pleite.. xD 

Nur so nebenbei möchte ich zum Blasphemieparagraphen aber noch sagen, dass er eigentlich recht gut zu den anderen Gesetzen passt. Warum ich das explizit betone, ist weil ich bei den Diskussionen zu dem Paragraphen den Eindruck bekommen habe, dass es sich dabei um eine Anomalie handelt, der außerdem nicht oft zur Anwendung kommt. Letztes stimmt anscheinend, aber ich sehe den Blasphemieparagraphen eigentlich nicht als Schandfleck auf einem sonst weißen Hemd der freien Meinungsäußerung, sondern als nur ein Kasterl auf einem karierten Hemd. Wenn er fehlen würde, wäre es auffälliger wie wenn er da ist.. Denn es werden immerhin alle anderen mächtigen Leute und Organisationen von Beleidigungen und Kritik beschützt (wie oben Beispielhaft angeführt), also wenn man solche Prestigeschutzgesetze gutheisst, warum sollte es nicht auch einen für die Religionen geben!?

Außerdem darf man "Terrororganisationen" nicht verbal Unterstützen (dass man ihnen keine Waffen verkaufen darf, sehe ich ein xD). Es ist vielleicht keine weitverbreitete Meinung, aber das sehe ich auch als eher kritisch. Nicht nur weil sich Terroristen mit der Zeit oft in nicht-Terroristen verwandeln, wenn sich der politische Wind dreht (Nelson Mandela wurde als Terrorist eingestuft, außerdem wurden irische Nationalisten oft als Terroristen bezeichnet, die "heiligen Krieger" in Afghanistan haben sich auch in den frühen 2000er Jahren schnell in Terroristen verwandelt..) und deshalb hinter der Bezeichnung eine gewisse politische willkür steckt (was es rechtsstaatlich bedenklich macht..), sondern auch weil ich einfach nicht glaube, dass der Staat so stark in den öffentlichen Diskurs eingreifen soll.  In Salzburg hat die Polizei deswegen auch schon das Haus eines Universitätsprofessors, der Politologie unterrichtet, durchsucht. Persönlich habe ich keine Angst vor Universitätsprofessoren (oder ihren Meinungen), aber anscheinend sieht der österreichische Staat das anders.. witzigerweise unterrichtet der Professor auch das Thema "Islamophobie" (=Angst vorm Islam), vielleicht liefert ihm dieser Vorfall Material für die nächsten Vorlesungen xD.

 Zum Abschluss möchte ich noch kurz zu den Amerikanern zurückkommen. Die haben nämlich bis vor kurzem einen Präsidenten gehabt der angekündigt hat, dass er die Verleumdungsgesetze liberaler gestalten will ("open up those libel laws" - Trump). Unsere Medien lassen uns immer wissen was ein amerikanischer Präsident so von sich gibt, v.a. bei der Witzfigur Trump. Was ich aber nie gehört habe ist, dass er eigentlich, wenn es um freie Meinungsäußerung geht, in den USA europäische Verhältnisse schaffen wollte (er hat es nicht getan, weil ihn dort niemand in dem Vorhaben unterstützt hat). Man sollte aber ehrlicherweise anmerken, dass, wenn es um freie Meinungsäußerung geht, seine Haltung zu jeder österreichischen Partei, von grün bis blau, passen würde. Vielleicht ginge ihm das eine oder andere Gesetz bei uns sogar zu weit... 

Und bevor irgendjemand den Weltuntergang prophezeit, sollte man solche Meinungsäußerungen erlauben (auch Beleidigungen, Unterstellungen und Rufschädigungen), bitte immer im Hinterkopf behalten dass soetwas in the USA bereits großteils legal ist, und ihnen fällt der Himmel auch nicht auf den Kopf...

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