Buchempfehlung: "Der Mythos vom Niedergang der Intelligenz"

 

Ich habe gerade das Buch „Der Mythos vom Niedergang der Intelligenz“ von Michael Haller und Martin Niggeschmidt gelesen. Und das Buch hat mir so gut gefallen, dass ich einen Blogpost darüber schreiben wollte.

In dem Buch setzen sich die Autoren mit dem (Irr)glauben außeinander, dass unintelligente Menschen mehr Kinder haben wie intelligente. Sie machen das v.a. indem sie aufzeigen, dass man Intelligenz nicht seriös messen kann und dass man deshalb überhaupt nicht sagen kann ob die Kinderzahl mit Intelligenz korreliert. Außerdem ist unklar ob das was wir umgangssprachlich als Intelligenz bezeichnen überhaupt genetisch vererbt wird.

In dem Buch geht der Autor auch auf die ideologischen Hintergründe dieser Angst vor dem „Niedergang der Intelligenz“ ein. Und anscheinend ist es die bürgerliche Angst vor dem verdrängt werden von der Mehrheit xD. Das Bürgertum hält ja bekanntlich nicht viel von der Demokratie (was man an den vielen autoritären Strukturen sieht für die sie sich stark machen) und deshalb haben sie, wie eigentlich jede Obrigkeit, Angst vor den „Massen“.

Wenn sie also bemerken dass gute bürgerliche gebildete Menschen weniger Kinder bekommen wie dreckige dumme Arbeiter oder Immigranten, werden diese Leute nervös und beschwören gleich den Untergang des Abendlandes herauf.

Persönlich glaube ich nichteinmal dass es nennenswerte Intelligenzunterschiede innerhalb der Menschheit gibt v.a. nicht zwischen Menschengruppen. Ich bin zwar kein Wissenschaftler aber man muss auch keiner sein, um zu so einer Schlussfolgerung zu kommen. Immerhin sieht man es an gewissen historischen Entwicklungen und an dem wie dramatisch dass sich gewisse kulturelle Praktiken mit der Zeit verändert haben. Ein extremes Beispiel sind Schreib- und Lesekenntnisse. Vor einigen Jahrhunderten konnten die wenigsten Menschen lesen und schreiben, aber heutzutage weiß man, dass es eigentlich so gut wie jeder lernen kann (in der Schweiz, können z.B. 100% der Bevölkerung Lesen und Schreiben) und vor 10 000 Jahren hat es vermutlich noch niemand gekonnt. Genetisch hat sich natürlich in den letzten Jahrhunderten nichts geändert, aber der Anteil der Bevölkerung der Lesen und Schreiben kann ist vom einstelligen Bereich zu fast 100% angestiegen (in bildungspolitisch etwas rückständigeren Ländern, wie Österreich, sind es vielleicht nicht ganz 100%... aber sogar bei uns ist es nicht mehr im einstelligen Bereich 😉)

Vor 200 Jahren hätte irgendein selbstverliebter Bügerlicher, Adeliger oder Kleriker auch solche gesellschaftlichen Statistiken aufgreifen und schlussfolgern können, dass nur eine Minderheit (zu der sie selbst natürlich dazugehören) zu Leistungen wie Lesen und Schreiben fähig ist und das dumme Bauernvolk dazu nicht in der Lage ist (was natürlich auch rechtfertigt dass sie Bauern und Arbeiter unterdrücken, weil die sind zu dumm um sich selbst zu regieren). Damals hätten Sie im konservativ katholischen Österreich diese Haltung nicht versucht biologisch zu rechtfertigen, sondern vielleicht als „gottgegebe Ordnung“ ausgegeben, aber die autoritäre Arroganz dahinter ist dieselbe. Dort mit Gott gerechtfertigt und später dann mit pseudowissenschaftlichen Interpretationen der Biologie (die oft Genetiker selbst nicht vertreten.. aber Psychologen, Sozial- und Wirtschaftswissenschafter sehr ernst nehmen). Dass die Biologie oft zu diesem Zweck herhalten muss liegt auch daran dass es, im Gegensatz zur Physik oder Chemie, bei der Biologie etwas gedauert hat bis diese Disziplin „wirklich wissenschaftlich“ geworden ist. Pseudowissenschaftliche Theorien, die oft von den Psychologen übernommen wurden, wie „Verhaltensforschung“ werden noch immer im Biologieunterricht verbreitet, aber mit dem Aufstieg der Genetik ist die Biologie immer seriöser und „wissenschaftlicher“ geworden (auch wenn es ein bisschen dauern wird, bis man das am österreichischen Biounterricht sieht..).

Paläoanthropologen können anscheinend Funde von anderen Menschenarten relativ leicht von Fundstellen von Homo Sapiens unterscheiden, weil die Werkzeuge komplexer und vielfältiger geworden sind. Außerdem sind Funde von Kunstwerken und symbolische Artefakte für Homo Sapiens charakteristisch (angeblich glauben auch einige Paläoanthropologen daran dass Homo Neanderthalensis ebenfalls Kunst angefertigt hat, dass ist aber keineswegs eindeutig und nicht so weit verbreitet wie bei unseren Vorfahren). Es hat quasi mit dem auftauchen von Homo Sapiens eine Art Kreativitätsexplosion stattgefunden, die uns von anderen Menschenarten unterscheidet. Warum ist das relevant?! Es könnte darauf hindeuten dass der Unterschied zwischen einem intelligenten Organismus (uns) und scheinbar weniger intelligenten (frühere Menschenarten oder Affen) ein qualitativer Unterschied ist und kein kontinuierlicher. Was ebenfalls gegen nennenswerte Intelligenzunterschiede innerhalb der Menschheit sprechen würde, denn es gibt keine seriösen Intelligenztheorien (nur IQ und PISA Tests xD) die glaubwürdig Unterschiede hervorzeigen können, und paläoanthropologische Funde die darauf hindeuten dass Intelligenz einfach eine Eigenschaft von Homo Sapiens ist.

Persönlich muss ich an Haustiere denken wenn ich "Intelligenzunterschiede" höre. Wie ich noch jünger war hatten wir Zuhause einen Hund und Katzen hatten wir eigentlich immer. Und da fallen einem schon Unterschiede auf... z.B. kann man einem Hund etwas schmeißen, dass er dann zurückholt. Wenn man das mit einer Katze probiert versteht sie nichteinmal was "schmeißen" ist. Ich habe einmal einen Stein geworfen, worauf die Katze erstmals nichteinmal reagiert hat, bis er in den Sträuchern bei der Landung ein Geräusch gemacht hat, dann hat sie sich erschrocken umgedreht. Das deutet eigentlich darauf hin, dass sie den Wurf nichteinmal wahrgenommen hat. Oder wenn man Katzen mit einem Leckerli belohnen will dass dann herunterfällt, fällt auch auf, dass es nichts bringt wenn man hinzeigt wo das Leckerli hingefallen ist, weil die Katze schaut dir dann einfach nur auf den Finger. Hunde verstehen das schon, und schauen dir auch ins Gesicht um Feedback zu bekommen, wozu Katzen kognitiv scheinbar nichteinmal in der Lage sind. Also: der Unterschied ist Qualitativ, er kann von Katzen nicht erlernt werden, und muss von Hunden nicht erlernt werden (niemand kann einem Tier erklären was "schmeißen" ist, entweder das Tier denkt auch so, oder eben nicht). Ein bisschen so wie bei uns wenn es ums Sprechen lernen geht, dass machen wir auch automatisch (und natürlich auch ohne Schule).

Ob es Intelligenzunterschiede innerhalb der Menschheit gibt, kann ich leider nicht mit Sicherheit klären, aber was wir mit Sicherheit sagen können ist: Wenn jemand ernstzunehmende Theorien zur Intelligenz entdecken wird, dann werden sie sicher nicht von Psychologen, Sozial- oder Wirtschaftswissenschaftler kommen xD.

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